In einem intensiven Austausch mit einer Kollegin fiel neulich spontan der Satz: „Diese Arbeit dient dem Leben!“ Ja, dachten wir*, das stimmt! Und, behalten wir dieses hehre Ziel bei jeder Aufstellung im Blick? Oder können wir in Aufstellungen, in denen der Tod als interessant und anziehend auftaucht, für alle ersichtlich und erfahrbar werden lassen, dass wir in dieser Situation gleichzeitig mit dem Leben – als der anderen Seite der selben Medaille – befasst sind?

Je mehr wir uns mit dem Systemischen Familienstellen beschäftigen, desto deutlicher nehmen wir die Seele in ihrer unermesslichen Tiefe wahr. Wenn wir Aufstellungen leiten, befinden wir uns selbst in einem weit umfassenden Erfahrungskontext. Dieser verbindet uns immer wieder aufs Neue mit dem Großen und Ganzen. Einerseits erweitert dieser Prozess unser Wissen, andererseits lehrt er uns Demut. Je größer unser eigener Erfahrungshorizont wird, desto mehr finden wir unsere Aussage bestätigt: „Wie wir das systemische Familienstellen verstehen, dient es eindeutig dem Leben.“ Auf einer anderen Ebene ausgedrückt: „Wir unterstützen mit dieser Arbeit die angelegten – liebevollen – Bewegungen der Seele.“

Aus- und fortgebildet von R. Doetsch (Ramateertha) und W. Könighaus (Uddhar) und anderen wichtigen Lehrern haben wir von den Anfängen bis zur aktuellen Entwicklung, das Systemische Familienstellen gelehrt bekommen. Daneben haben wir einen umfassenden eigenen Selbsterfahrungsanteil geleistet. Besonders verbunden fühlen wir uns dem: „TAO des Familienstellens“. Das „TAO“ umschreibt die Grundhaltung des Aufstellers: „des Nichtwissens; des Tun durch Nichtstun.“ Ein „unergründlicher Koan“, wie Uddhar oft meinte.

Das Nichtwissen ist für unsere innere Haltung gegenüber der Person, die ihr Problem aufstellt, wichtiges Grundprinzip; ebenso wie der liebevolle, mitfühlende Blick auf jedes aufgestellte System bzw. die einzelnen Personen. Es gibt keine vorgefertigten Lösungen, die wir verallgemeinern können. Wir verzichten darauf, zu werten. Dementsprechend gibt es keine guten oder schlechten Lösungen; keine guten oder bösen Menschen. Wir alle können als Menschen in schicksalhaften Verstrickungen stehen, die uns in aller Regel nicht bewusst sind. Oder anders gesagt: „Die Opfer hatten eine Kindheit; die Täter aber auch.“ Diese Verstrickungen können über Generationen zurück reichen. Alle in diese Schicksale eingebundenen Personen brauchen „unseren uneingeschränkt liebevollen Blick.“ Dies als Voraussetzung dafür, dass innerhalb der jeweiligen Aufstellung für das bisher Ausgeschlossene, beispielsweise Personen oder Gefühle, eine liebevolle Bewegung in der Seele angestoßen werden kann.

Oftmals kommen bei dieser Arbeit bestimmte Schritte hin zu einer authentischen, heilsamen Lösung ans Licht. Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass die einzelnen Schritte meist mehr Zeit benötigen als wir uns zugestehen wollen. Es benötigt aber genau diesen vorher nicht zu bestimmenden Zeitraum, bis die eingeleiteten Bewegungen von der Seele aufgegriffen, umgesetzt, eingebettet und im Leben ausgedrückt werden können. Oftmals erscheinen erst dann weitere Schritte auf dem Weg zu einer umfassenderen Lösung sinnvoll. Frei nach dem Motto: „Rom ist auch nicht in einem Tag erbaut worden.“

* gemeinsam entwickeltes Konzept von Wolf-Dieter Schönbeck und Raasti Stolze.